Was bedeutet „Mode“ für mich?

Die Dinge haben sich geändert, die Definition von Mode und Bekleidung rücken näher zusammen. Wenn früher Bekleidung nur ein nützlicher, schmuckloser Schutz vor Wetter, Schmutz etc. darstellte und Mode in Schönheit, Nutzlosigkeit und Selbstverliebtheit schwelgte, ist mittlerweile die Mode immer näher an die Bekleidung herangerückt! Warum???

Will die Mode ihre elitären Gefilde verlassen, um bei der Basis-Demokratie der Bekleidung mitzumachen? Es scheint fast so! Die Kollektionen der großen Designer-Labels sind mittlerweile fast so groß, wie die Versandkaufhäuser/Online-Shops der Bekleidung. Es gibt alles und von allem auch jede Stilrichtung: Prada hat über 50 Hosen-Modelle, da ist bestimmt für jeden was dabei. Da wird nicht mehr kuratiert oder an einem Look gearbeitet, man gibt dem Markt was er verlangt. Man möchte so viele wie möglich ansprechen, zum Preis der eigenen Markenidentität. Für ein Klientel, das einen nur noch an den großen Logo-Prints erkennt und nicht an Style, Qualität oder einer erkennbaren DNA! Muss vielleicht auch nicht sein, weil es ja wie eigentlich schon immer nur ums Geld geht. Das war früher auch nicht anders, nur mittlerweile hat man gemerkt, dass man, solange der Markenkern stark genug ist, alle Visionen über Bord werfen kann, solange man mit jedem noch so abwegigen Produkt – das übergroße Logo darf aber nicht fehlen – Geld verdienen kann. Eleganz, Feinheit und Subtilität waren gestern, heute wird laut geprotzt und der Reichtum – oder die Verzweiflung? Oder die Ideen- und Seelenlosigkeit? – mit riesengroßen Logos nach draußen geschrien.

Das elitäre Gehabe von Vogue Redakteuren, deren Diktat unumstößlich war, deren

Mode-Arroganz früher unerträglich war– aber wenigstens amüsant, wurde abgelöst von der vermeintlichen Demokratie, die durch das Votum der Influencer eingezogen ist, was aber noch unerträglicher ist. Keinen Stil zu haben ist eine Sache, aber keine Ahnung eine viel Schlimmere! Der Konsument hat schon immer an der Kasse entschieden, wofür er sein Geld ausgibt. Aber muss sein Sprachrohr jetzt auch wirklich noch „Caro Daur“ aus Seevetal sein??? Ich weiß, das ist jetzt ein bisschen gemein, weil sie ja wirklich aus dem Heer der Unerträglichen herausragt und sich mittlerweile bestimmt auch ganz gut in der Mode auskennt. Aber irgendwie scheint mir doch, dass das Mode-Ruder in falsche Hände geraten ist. Vielleicht auch daher die Hinwendung zur Bekleidung?! Die war ja schon immer leichter zu verstehen und nicht so anspruchsvoll und elitär!

Öfter habe ich schon das zu viel und auch zu billig von Klamotten kritisiert und mir scheint, dass das immer größer und breiter werdende Sortiment, sowohl von Fast Fashion als auch von Designer Labels immer überflüssiger wird. Warum, für wen und zu welchem ökologischen Preis soll das alles produziert werden? Alle reden zwar von Nachhaltigkeit, fairen Herstellungsbedingungen und anderem Greenwashing-Blabla. Tatsache ist, dass solange es Kleidermüllberge in der chilenischen Atacama Wüste gibt, solange Retouren von Online bestellter Kleidung weggeworfen werden, weil es so billiger ist, solange ist gar nichts in Ordnung. Es sollten weniger Klamotten hergestellt werden und nicht ständig Gewinnmaximierung und Marktanteile, zum Preis von Umweltverschmutzung, Ressourcenmissbrauch und Kinderarbeit im Fokus stehen.

Daher waren vielleicht die elitären Gralshüter von Vogue und Co. doch nicht so schlecht, weil sie darauf achteten, dass Exklusivität auch nur durch Verknappung und Originalität zu haben ist. Ein übergroßes und identitätsloses Sortiment wird auf Dauer weder besonders begehrlich und schon gar nicht nachhaltig sein. Aus Überfluss wird halt auch schnell überflüssig…

Statussymbole gab es und wird es immer geben, aber eine fette Rolex am Arm ist mittlerweile schon fast subtil im Vergleich zu einem Valentino Daunenmantel mit riesengroßem „VLTN“ auf dem Rücken. Leise war gestern, aber das setzt sich ja in allen Bereichen fort. In der Politik, in den Medien etc. wird gelogen, geschrien und jedes Versagen als Gewinn dargestellt. Die graue Wahrheit interessiert keinen mehr, ist ja langweilig. Dabei wäre Langweile in einigen Bereichen gar nicht schlecht, wenn man sich nämlich mal etwas mehr Zeit nähme, um Dinge zu verstehen, um genauer hinter die Kulissen zu blicken und nicht nur die schnelle und kurzweilige, aber auch inhaltlich verkürzte Headline zu lesen. Ich verhalten mich häufiger selbst so, falle auf die reißerischen Ansagen rein und bin dann maßlos enttäuscht, wenn am Ende die Realität doch wieder genauso grau und normal wie eh und je ist und ich wieder nur auf ein Click-Bait reingefallen bin.

Also vielleicht mal in Allem ein bisschen runter vom Gas und genauer hingeschaut was wirklich wichtig (und schön) ist!