Kampagnen Flaute
Words: Stephan Ziehen
Was ist nur los mit den Modekampagnen? Es wird immer öder, was sich die großen Labels in letzter Zeit einfallen lassen, um ihre Kundschaft zu locken. Wo früher mit tollen Inszenierungen, aufwändigen Sets und beeindruckenden Locations geworben wurde, sieht man mittlerweile nur noch öde Studio-Produktionen mit einfarbigen (gerne weiß oder grau) Hintergründen. Das, was sich früher Kampagne nannte, wird zu einem Lookbook mit besseren Modellen oder Celebrities. Top Photographen wie David Sims, Mario Sorrenti etc. könnten eigentlich von No-Name Photographen oder KI ersetzt werden, wenn das so weitergeht. Es gibt keine Visionen mehr und dabei ist es egal, ob das ganze digital oder gedruckt stattfindet. Gähnende Langeweile überall. Ich weiß nicht, ob es am Geld liegt oder an der desinteressierten Klientel, dass mittlerweile alles wie ein mittelklassiger Onlinestore aussieht. Wollen wir nicht mehr verzaubert werden, ist es uns egal, wie wir umworben werden? Reicht uns das, so wie es ist? Das wäre sehr traurig! Klar ich verstehe, dass Mode immer eine Reflexion auf die Zeit ist und so gesehen, ist es vielleicht verständlich, dass wir nur klare, simple Werbung zu sehen bekommen, nichts Umständliches, nichts Überinszeniertes etc.. Das Leben ist schon kompliziert genug. Aber, dass es derart lahm wird, ist wirklich traurig. Selbst so einfache Stilmittel wie spezielles Licht, besondere Looks von Farbigkeit und ähnlichem sieht man so gut wie gar nicht mehr. Paradebeispiele sind die aktuellen Kampagnen von Fendi, Louis Vuitton, Isabel Marant und Dior. Zu Tode gequälte Langweile, wo man hinschaut! Selbst so schwer messbare Dinge wie ein gewisser „Coolness Faktor“, der sich manchmal durch eine merkwürdige Pose, grundsätzliche Anti-Haltung oder Nicht-Inszenierung ausdrückt, ist kaum sichtbar. Alles mehr oder weniger helle und gut ausgeleuchtete Bilder in nachvollziehbaren Posen mit sehr gut sichtbaren Klamotten.
Es gibt zwar ein paar Lichtblicke, wo man sich die Mühe gemacht hat kleine Sets zu bauen oder interessante Hintergründe zu finden. Aber leider wird es gleich wieder zunichte gemacht durch Posen, die schlimmer sind als in jedem billigen Versandhauskatalog. Handtaschen, die so ordinär in die Kamera gehalten werden, damit jedem klar wird, wie verzweifelt man dieses Produkt an die Kundin bringen möchte. Wahrscheinlich der Traum eines jeden Produktmanagers oder Marketingleiters. Aber für uns Konsumenten nicht so toll! Denn die wichtigsten Informationen über die Produkte holen wir uns eh woanders. Aber wenn wir weiterhin bereit sein sollen, mehr Geld für Prada, Dior und Co. auszugeben, muss auch das Image entsprechend gepflegt werden. Und da reicht nicht eine Show in Shanghai, Barcelona oder Rio de Janeiro alle halbe Jahre, wo eh nur eine Handvoll Celebrities, Influencer und die dreieinhalb verbliebenen wichtigen Moderedakteure anwesenden sind. Auch wir, die den Kram am Ende bezahlen sollen, wollen mitgepflegt werden und sei es durch die schöne Illusion, bei einer interessanten, verrückten, coolen und vor allem besonderen Marken dabei zu sein. Wenn das gelingen soll, muss aber etwas mehr passieren als das, was da gerade geboten wird. Man hat das Gefühl, die Kauf-Flaute in der Mode ist hausgemacht. Die Geschäfte laufen schlecht, also sparen sie bei den Kampagnen. Aber gerade das Lustvolle, Überschwängliche und Leichtlebige regen uns doch an, uns jede Saison neu in die Mode zu verlieben. Mode ist keine Zahnbürste, kein 0815 Sachgegenstand, der dank rationaler Argumente verkauft wird. Mode ist Emotion und Verführung und mit diesen Mitteln sollte sie auch beworben werden! Also bitte!