Ich bin in einem Dilemma!

 

Neben meiner Arbeit für CYTE, bin ich ja auch noch Mode & Beauty Photograph. Ich arbeite sowohl für Magazine als auch für Werbung. Und das wird immer schwieriger für mich zu verantworten, das mit meinem Gewissen zu vereinbaren. Auf der einen Seite liebe ich es, Bilder entstehen zu lassen, mit Leuten etwas zusammen zu erarbeiten. Auf der anderen Seite tragen meine Werbephotos dazu bei, den Konsum anzukurbeln und die Leute dazu zu bringen sich Dinge zu kaufen, die sie eigentlich nicht brauchen. Selbst der Gründer von Ecosia, eine alternative Suchmaschine, schaltet Werbung auf seiner Seite, um damit aber Bäume zu pflanzen, die das Klima retten sollen. Muss man also einen Pakt mit dem Teufel schließen, um etwas Gutes zu erreichen? Bislang habe ich das getan, aber nicht wirklich darüber nachgedacht. Nur mittlerweile kann ich diese Gedanken nicht mehr ausblenden.

 

Wer soll das alles zu welchem Preis kaufen???

 

Früher habe ich mich da eher gespalten verhalten: die Bilder zu machen war schön und kreativ und hat Spaß gemacht. Aber das sich daraus erschließende Resultat habe ich ausgeblendet: Das, was mit den Bildern bewirkt werden soll, die Menschen, die dazu verführt werden sollen, sich Dinge zu kaufen. Auch in der Modephotographie bereitet mir das Schwierigkeiten: wieso muss es alle 4-6 Wochen eine neue Kollektion geben?

Wer soll das alles zu welchem Preis kaufen??? Abgesehen davon, dass dieser Overkill dazu führt, dass sich alle Labels mehr als je zuvor kopieren – natürlich nur das, was sich gut verkauft. Identität und Eigenständigkeit sind nicht mehr erkennbar.

Es ist wirklich ein Dilemma!

Aber irgendwo ist da ein kleiner Lichtblick am Horizont! Je kommerzieller und einheitlicher diese Welt wird, je größer die Firmen werden, deren Produkte wir kaufen sollen, desto mehr kleine Nischen bilden sich. Idem, eine uralte lithographische Werkstatt in Paris, steht wirtschaftlich gut da und erweckt beseelte Drucke zum Leben. Kleine Weinbars legen wieder knisternde Vinylplatten auf, die man nicht auf Spotify findet. Kleine Bio-Firmen versauen den großen Brands die Quartalszahlen mit individuellen, guten und nachhaltigen Produkten.

Wahrscheinlich wird man das Rad nicht komplett zurückdrehen können – dazu ist

bei allem zu viel Geld im Spiel. Aber kommen wir wirklich mit diesem Mehr! an Geld, Besitz, Konsum und Egoismus klar? Macht uns das glücklicher? Diese Fragen versucht Sandra Groll zu beleuchten in ihrer Story „Enttäuschungssyndrom“.

 

Es ist eine sehr einnehmende und verführerische Illusion

 

Außerdem haben wir uns diesmal einer unserer Lieblingsstädte angenommen: Paris.

Mich verbindet sehr viel mit dieser Stadt. Hier habe ich als Photo-Assistent gearbeitet, habe ich als Photograph eine Zeit lang gelebt und einen Sehnsuchtsort gegen meinen Weltschmerz gefunden. Ich weiß, dass Paris mehr ist als seine 20 Arrondissements, umgeben von der Peripherie. Dass Bandenkriege in den Banlieues toben, die Gelbwesten gegen das verkrustete System der herrschenden Elite kämpfen und dieser ganze romantische Traum eigentlich nur eine Kulisse für asiatische und amerikanische Touristen ist, aber dennoch. Es ist eine sehr einnehmende und verführerische Illusion, die von alten und besseren Zeiten erzählt, in die sich viele zurückträumen.

Lasst euch mitnehmen auf unsere Reise nach Paris, gesehen durch unsere Augen.

xStephan