EDITORS LETTER

Ich liebe Mode und Modephotographie, aber ich hasse die meisten Leute, die

sie tragen. Ein Widerspruch? Nur scheinbar, denn bei einem Bild geht es nur um

Überhöhung, es ist losgelöst von der Realität. Getragene Mode ist dagegen in den

meisten Fällen unerträglich. Zu eitel, zu teuer, zu alt, zu jung und häufig zu zynisch.

Vor allem fehlt es an Spaß in der Mode. Warum nimmt sie sich nur so wahnsinnig ernst. Klar, wenn etwas extrem teuer ist, darf man damit nicht spaßen. Wahrscheinlich hat das große Geld, der Mode seine Leichtigkeit geraubt. Es ist halt nur noch Business, wo der Product Manager mehr zählt als der Designer, wo sich die Creative Directoren, der großen Häuser im 3 Jahresrhythmus die Klinke in die Hand geben, kann es fast gar nicht mehr um neue Ideen, Schönheit und Kreativität gehen

sondern nur was sich am Besten kopieren und verkaufen lässt.

Auch der immer schneller werdende Cyclus der Mode lässt sie nicht besser dastehen. Wer soll das eigentlich alles kaufen und anziehen?

Aber das sieht ja leider auf dem Kunstmarkt nicht viel anders aus. Es gibt zwar noch

genügend Künstler, die mit Hingabe und Leidenschaft ihre Arbeit verfolgen, aber sobald die großen Galerien sie entdecken, hat der Spaß ein Ende. Mit hoch

geschwurbelten Texten bekamen Bilder, die man eigentlich mochte, einen interlektuellen Überbau, den sie in den meisten Fällen nicht stand halten können.

Scheinbar brauchen die Käufer diesen Überbau, da sie sonst nicht erkennen könnten, ob ihnen das Kunstwerk es wert ist.

Auch die Musik scheint immer mehr ihre Seele zu verlieren. In Zeiten, wo schnelle Klickzahlen mehr wert sind,als die kontinuierliche Entwicklung eine Musikers, wird

aus einer Band nur noch ein kaltes, kommerzielles Produkt.

Cyte möchte dagegen halten. Wir zeigen, was uns Spass macht und gefällt.

Wir sind nicht „political correct“ und mögen nichts „cooperated“ und den glatt poliert

Hochglanz. Cyte ist bewusst auf Zeitungspapier gedruckt – die Textur des Heftes ist uns genauso wichtig wie der Inhalt. Wir zeigen günstige Mode, teurer Kunst und untragbare Make-Ups, mischen es mit gezeichneten Designerlabels und lassen ver-

gangene Jugendkulturen wieder aufleben. Ob das funktioniert, weiss ich nicht. Aber

es sind die Dinge, die ich spüre und die für mich momentan Relevanz haben. Viele

Dinge stehen für mich gleichberechtigt nebeneinander, auch wenn sie nicht stimmig zu sein scheinen. Ich liebe Jugendkultur und das Nachtleben, aber gehe nicht gerne aus. Ich mag schöne Dinge, aber sehe auch in Hässlichkeit ein Qualität, weil sie mich manchmal stimuliert. Überhaupt ist es mir wichtiger etwas zu machen und zu probieren, auch wenn es falsch ist oder keinem gefällt. Lieber spannend und aufregend und vielleicht auch manchmal blöd und albern, als gar nicht. Ich mag Fehler.

In diesem Sinne möchte ich auf eine Reise mit euch gehen, die bestimmt nicht immer stimmig und perfekt ist, aber euch hoffentlich offen und neugierig macht.

xStephan