„Annama – „Bitte tu mir weh!“

Cyte traf Annama zum Shooting in Elmshorn. Wir fanden Klavier-kaputtthauen um ihren Song „Bitte, tu mir weh „ zu interpretieren, klang gut! ( das Klavier war nicht mehr spielbare und musste eh verschrottet werden…)

Es wurde ein heißer Nachmittag mit der Feststellung, das Klaviere ganz schön stabil sind!

Annama’s Album erscheint diesen Herbst und ist abwechslungsreich und spielt mit verschiedenen Stilen und Genres. Wir sprachen mit ihr über große Labels, Avantgarde und wie es als Frau im Musikbusiness ist.

Cyte: Wie ging das los mit der Musik?

Annama: Also, ich hab schon immer irgendwie Musik gemacht, ich hatte immer Bock zu singen, aber tatsächlich immer im Stillen, weil ich mich nicht getraut habe, das der Öffentlichkeit zu zeigen. Aber irgendwann war ich dann bei meiner ersten Gesangsstunde und das war der Key-Moment, an dem ich gemerkt habe, geil, genau das möchte ich machen. Vor allen Dingen habe ich seitdem meine Schüchternheit enorm abgelegen können. Damals war das für mich der schönste Moment an dieser ersten Gesangsstunde.

Wie alt warst Du da?

15, glaube ich.

Mittlerweile gibt es einige Songs von Dir zu hören. Wie kommen die Songs zustande?

Also, meistens beginnt es mit dem geschriebenen Wort, weil ich versuche, tagtäglich immer etwas in mein Notizbuch zu schreiben, das Erlebte und generell Themen zu verarbeiten. Es beginnt dann meistens mit Worten. Wenn ich lange Zeit ein Thema mit mir herumschleppe, was ich gerne bearbeiten möchte, woraus ich einen Song machen möchte. Bis ich dann die Zeile gefunden habe, oder das eine Wort, was es auf den Punkt bringt, das braucht einen Moment. Aber wenn ich das Gefühl habe, geil, da ist irgendwas, das Thema hat ne gute Dimension, dann weiß ich, das wird zum Song …und genau das passiert dann meistens.

Das heißt Du schreibst alle Deine Texte selbst?

Ja, richtig!

Und wie entsteht die Musik?

Ich hab einen fantastischen Produzenten und der macht das bzw. wir machen das zusammen und ich werfe gelegentlich ein paar Zeilen rein, Themen oder ich hab schon einen fertigen Text geschrieben und dann schaut man mal, wie das matcht.

Und Du selbst spielst gar kein Instrument?

Boah, es ist tatsächlich zum Heulen, aber ich spiele wirklich kein Instrument – noch nicht. Ich möchte wahnsinnig gerne Klavier spielen lernen. Und da bin ich auch dran! Aber das braucht halt seine Zeit. Ich sehe mich in Zukunft auf der Bühne am Flügel, mich selbst begleitend.

Es stehen also auch irgendwann Konzert-Termine an?

Ja, das ist das große Ziel, auf jeden Fall!

Was bedeutet Dir denn Musik?

Grundsätzlich finde ich, dass es wohl emotional nicht Gewaltigeres gibt, als mit Musik zu kommunizieren. Außerdem liebe ich es einfach zu schreiben und wenn ich dann dieses geschriebene Wort auch noch in Musik packen kann, gibt es für mich nichts größeres. Ich brauche das auch extrem für mich selbst, denn wenn ich singe, habe ich das Gefühl ich kann ganz bei mir sein, ich weiß genau wer ich bin und was ich zu fühlen habe. Und ich liebe es auch einfach Töne von mir zu geben (lacht).

Ist Musik Deine Art zu kommunizieren oder vielleicht sogar so etwas wie eine Therapie?

Auf jeden Fall auch zu kommunizieren. Musik ist mein Medium Nr.1.

Und ja, ich würde mir wünschen, dass es so etwas wäre wie eine Therapie, ist es aber nicht ganz. Ich schaffe eher Erkenntnisse durch die Musik und durch das Verarbeiten von Themen indem ich das aufschreibe – das ist der Hammer, aber ich bin dann doch immer zu emotional und zu überwältigt von der Musik an sich und wenn ich dann mal wieder in meine eigenen Songs reinspringe, bin ich emotional so krass wieder drin. Durch Therapie entsteht ja eher so eine Distanz zu den Themen. Die kann ich so gar nicht entstehen lassen!

Deine drei Lieblings-Alben oder Lieblings-Songs?

Das ist echt schwer. Es ist schwierig sich zu entscheiden, es gibt einfach so viel gute Musik. Aktuell bin ich ein großer Fan von Noga Erez, das höre ich gerade wirklich all day long. Noga Erez, eine Künstlerin aus Israel – coole Frau – das Album Off the radar – super geil!

Dann aber auch, was so ein bißchen „Future Pop“ ist, Agar Agar, den Song I’m that guy zum Beispiel. Und auch GrandbrothersBloodflow, was ein reines Instrumentalstück ist mit einem heftigen Klavierspiel, was ich mir tatsächlich auch fast jeden Tag reinziehe.

Mittlerweile hat sich ja der Musikmarkt im Vergleich zu vor 10-15 Jahren komplett verändert. Es ist auf der einen Seite deutlich schwieriger mit Musik Geld zu verdienen, auf der anderen Seite hat man es viel leichter mit seiner Musik präsent zu sein. Selbst wenn man nicht von einer großen Plattenfirma genommen wird. Gibt es für Dich einen Plan B in dieser heiklen Situation, in der es durchaus schwierig ist, durch Musik zu überleben, also wenn das nicht hinhaut, mache ich was anderes?

Nein, es gibt keinen konkreten Plan B – wobei, es gab doch eine Phase, da war ich dem Beruf der Trendforscherin sehr zugeneigt Aber ich möchte jetzt unbedingt diesen Plan, der „Musik machen“ heißt, komplett durchziehen, komme was wolle – ich gebe jetzt Vollgas. Es wird verdammt schwierig werden, zumal ich auch sehr ungeduldig bin. Aber ich möchte alles probieren. Ich war kurzzeitig bei einem Label, hab denen Tschüss gesagt, hab mein eigenes Label gegründet, weil ich gemerkt hab in dieser Maschinerie bin ich irgendwie nicht zu Hause. Ich mach mein eigenes Ding. Auch wenn das durchaus nur wahnsinnig viel Arbeit und Durchhaltevermögen und ganz viel Frustration bedeutet. Aber ich glaube weiterhin daran und solange der Selbstglaube gegeben ist, gebe ich wohl noch nicht auf!

Toll! Das heißt Geld ist Dir auch nicht so wichtig, oder?

(Lacht) Geld ist noch nicht ganz so wichtig, ist aber ein wichtiger Teil, gerade wenn man kein Major Label im Background hat, das einen finanziell supportet und da ordentlich was reinboostet, ist es wirklich wahnsinnig schwierig und Du musst einfach ein bisschen Geld in die Hand nehmen können, um überhaupt die Musik an den Mann zu kriegen und ein bisschen Reichweite zu generieren. Das ist einfach sehr schwierig geworden und wenn Du nicht so aktiv bist auf den sozialen Medien, hast Du es noch schwerer und ich tue mich damit schwerer als andere. Aber Geld spielt eine Rolle und es muss irgendwie da sein, um auch diesen Traum ermöglichen zu können.

Ich frage das auch deshalb, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass viele Künstler, in erster Linie im Indie-Bereich, lieber gutbezahlte kommerzielle Kooperationen ausschlagen, als ihre Fan-Base dadurch zu verraten. Die spielen lieber auf jedem kleinen Festival, als dass der Makel der Kommerzialität an Ihnen kleben bleibt und sie so ihre Credibility verlieren würden.

Das kann ich verstehen. Also letztendlich. Es gibt ja dann doch immer wieder Lösungen und Wege, wie man sich über Wasser halten kann. Und wenn man wirklich so krass an ein Produkt glaubt und vor allen Dingen schon eine Fan-Base aufgebaut hat – auch wenn sie klein ist – ist sie wertvoll. Denn genau das sind die Leute, die hinter Dir stehen werden und die echtes Interesse an Deiner Kunst und auch an Dir als Künstlerin zeigen, glaube ich. Auf die muss man Acht geben, denn die sind einfach auch schnell verloren, wenn man sie – um Deine Worte zu verwenden – verrät. Und letztendlich ist es auch super wichtig – das ist immer so cheesy – sich treu zu bleiben. Es ist schön, dass man da kurzzeitig eine Geldquelle hat bzw. vielleicht kann man es so machen, dass man es offen und ehrlich an seine Crowd, Fan-Base kommuniziert, wenn man sagt: Leute, uns geht die Kohle aus, wir brauchen diesen kleinen Push, um weiter zu machen und auch um weiter für euch Musik machen zu können.

Beschreib mal den Spirit deines Albums, das jetzt rausgekommen ist!

Das ist ziemlich schwierig! Thematisch gesehen, ist es ein reines Trennungsalbum. Viele, viele Tränen sind geflossen. Es ist echt und pur. Aber grundsätzlich ist es deutsche Pop-Musik oder besser gesagt, deutsche Future-Pop-Musik, weil es, was ich so gehört hab, diesen Sound so noch nicht gibt. Und vielleicht kann man das damit vergleichen, dass es so ein bisschen „Neue deutsche Welle“ ist, aber in die heutige Zeit adaptiert.

Was macht Dich glücklich?

Das ist eine schwierige Frage! Aber eigentlich, ganz einfach gesprochen: wenn ich in der warmen Sonne sitze und ein O-Saft trinke – das habe ich nämlich gerade gemacht. Und wenn ich weiß, was ich will – auch wenn das nur kurze Momente sind hin und wieder, aber die gibt es – dann weiß ich auch genau, was ich zu tun habe und das gibt mir extrem viel Zufriedenheit (lacht).

Welche Musik und Musiker*innen haben Dich beeinflusst?

Thematisch, weil ich mich auch in letzter Zeit viel mit ihnen beschäftigt habe: Nina Simone und Patti Smith. Dann noch Iggy Pop, wegen seiner krassen Bühnenpräsenz, Echtheit und Hingabe. Und ansonsten, wie das Ganze mal los ging? Ich war so ein Mädel, das ihre Coverversionen auf YouTube hochgeladen hat und es waren dann eher die sehr schweren Balladen, die man so kennt. Z.B. von Alicia Keys, von Pink auch gerne, durchaus aber auch CCR mit Long as I can see the light. Aber wirklich emotional schwere Balladen. Eigentlich komme ich eher aus diesem Feld.

Du warst kurzzeitig bei einem großen Label und bist dann da weg. Was ist die Problematik für einen jungen Künstler, wenn er in die Maschine einer großen Plattenfirma gerät?

Grundsätzlich fehlt eine gewisse Vielfalt bzw. gerade hier im deutschen Markt

fehlt der Mut zur Vielfalt. Man soll eingeordnet werden: wie ist Dein roter Faden, kannst Du Dich irgendwo einordnen, welche Box bist Du? Und damit geht es ja schon los. Und das finde ich schwierig, weil genau diese Box gibt es für mich eigentlich gar nicht. Meine Antwort war dann immer: Leute, ich bin ungerne eine Box, ich bin gerne 8 Boxen, so sieht’s aus!

Und dann hat man natürlich versucht das Ganze hier und da zu modifizieren und doch in eine Ecke zu drücken, was ich schwierig fand. Da war kein Mut und kein Wille meinen Individualismus zu fördern und vielleicht sogar eine neue Sparte auf zu machen. Dieser Mut fehlt so ein bisschen. Und es kommt auch sehr oft zu diesem Vergleich: wir haben hier eine neue Künstlerin, wem ähnelt diese Künstlerin, wo können wir sie abheften. Mich konnte man aber nicht abheften und dann wurde es schwierig, aber ich wollte es genau so und ich werde es alleine probieren.

Ist das ein deutsches Phänomen oder gilt das überall?

Meine Erfahrungen sagen mir, dass es doch sehr deutsch ist. Ich glaube dieser Mut existiert woanders wesentlich mehr und man geht auch offener mit Musik um, mit neuen Dingen. Und der Support an sich in anderen Musik-Industrie-Nationen, ist breiter als in Deutschland. Ich habe das Gefühl, es ist hier sehr eingeschränkt. Man hat hier einfach Angst vor etwas Neuem.

Du bist ja von den Songs, die ich bisher gehört habe, musikalisch sehr breit gefächert: Bitte, tu mir weh ist ein wenig chansonartig, französisch angehaucht,

Rockstar ist Indie-Rock und Punk. Sind Dir diese verschiedenen Facetten wichtig, oder hängt das immer von dem vorher entstandenen Text ab, auf den Du dann musikalisch eingehen möchtest?

Das kann man so sagen. Meine Musik wird sich bestimmt weiterhin irgendwie wandeln und es wird nicht diesen besagten „roten Faden“ geben, sondern ich glaube daran, dass die Künstler*innen selbst dieser „rote Faden“ sind. Die Stimme an sich und welche Themen man behandelt und welche Intention man in die Musik reinbringt. Letztendlich, ich verändere mich wahnsinnig oft und ich finde das Leben ist einfach sehr fluide und danach geht meine Musik auch ein wenig. Also ein gutes Beispiel ist die Serie Babylon Berlin, da gab es die Sängerin, die den Soundtrack gesungen hat. Das war eine Frau in Männerklamotten mit Bart und einer wahnsinnig tiefen Stimme und ich war so WOW, da scheint irgendwie was Neues aufzukommen, eine emanzipierte Frau, darauf muss man doch reagieren und genau das versuche ich in meiner Musik zu verarbeiten. Und das kann sich natürlich auch klanglich völlig unterscheiden.

Wo wärst Du gerne in 5 Jahren?

Ich hoffe auf jeden Fall, dass sich bis dahin ein gewisser Erfolg eingestellt hat und

obwohl ich ja deutschsprachige Musik mache, würde ich wahnsinnig gerne in der Royal Albert Hall in London singen. Da war ich einmal und mir liefen tatsächlich die Tränen, weil es so unfassbar emotional war. Das wäre ein Ziel!

Das heißt irgendwann in 5 Jahren wird es auch englische Songs von Dir geben?

Oh, Gott, das ist eine gute Frage, ich weiß es nicht! Ich hab ja mal englischsprachige Musik gemacht, Elektro-Pop. Ja, also ich bin nicht abgeneigt – mal gucken was kommt, ich würde wahnsinnig gerne deutsch, englisch, französisch verbinden – auch so was! Das schwebt mir durchaus vor! Mal gucken. Ich würde einfach gerne in so einer Location auftreten!

Was heißt es für Dich erfolgreich zu sein?

Ich bin echt keine Geschäftsfrau und geht Geld in mir unter, weil ich das gar nicht im Kopf hab so wirklich, bei dem was ich mache. Auch das kann man natürlich ganz anders angehen, sollte ich vielleicht auch. Aber wirklich erfolgreich zu sein, bedeutet musiktechnisch für mich, dass die Musik überhaupt Anklang findet, dass es überhaupt zu einer Fan-Base kommt mit der ich interagieren kann. Wo es zum Austausch kommt, wo ich ein Feedback erhalte, wo ich merke, geil, das macht irgendwas, das emotionalisiert die, das sind Themen mit denen sie sich identifizieren können. Oder dass ich überhaupt den Zeitgeist aufgreifen kann …so was. Dass ich so eine Interaktion spüre, dass meine Musik eben auch was macht und vor allem etwas hinterlässt. Und vielleicht auch im künstlerischen Sinne, dass das ganze Musikprojekt auch weitere künstlerische Verästelungen hat. Also, das Label, was ich gegründet habe soll nicht nur zwingend auf Musik basieren, das kann Kunst jeglicher Art sein, also dass man auch andere Künstler auf die Bühne holt während man performt, das man auf der Bühne steht mit einem weißen langen Kleid und dann hat man einen Sprayer um sich, der das Kleid während der Performance besprayt. Dass man echt so eine Community schafft und in irgendeiner Form auch irgendwas Neues kreiert.

Also der Avantgarde-Gedanke?

Oh, liebend gerne! Gott, wenn man sich das für eine Weile natürlich leisten könnte! Aber ich glaube es gibt immer Wege und irgendwie wurschtelt man sich immer durch. Aber das schafft Erfüllung bzw. das schafft einfach große Freude. Und auch diesen Anklang zu erzeugen.

Das hört sich gut an!

Beschreib mal so einen Musikerinnen Tag in Deinem Leben.

Idealerweise wäre ich stressbefreiter und könnte mir die Zeit nehmen, ausschließlich Künstlerin zu sein. Aufzustehen, auch so ein bisschen so ein Larifari-Tag von mir aus, guter Dinge, positiv gestimmt, gerne auch die Welt bereisen, weil man sucht natürlich immer auch

Inspiration. Aber ich glaube diese Inspiration ist überall zu finden, so lange Du mit wachen Augen durch die Welt läufst. Sich im Alltag nur inspirieren zu lassen, nur in so einem Flow zu sein, zwischendurch zu schreiben, am Klavier zu sitzen – was ich immer noch nicht beherrsche, aber so ein paar Akkorde sind durchaus schon möglich – und sich mal so treiben zu lassen und sich so wirklich in diese Künstler-Denke reinstürzen zu können, das wäre ideal. Ich bin jedoch immer noch so ein bisschen wirtschaftlich oder effizient unterwegs – was macht heute Sinn, wie bringe ich die Musik nach vorne,was sind die neuen Strategien. Davon würde ich gerne mehr ablassen, um wirklich nur Musikerin sein zu können.

Ist Social Media für Dich als Mittel wichtig?

(Lacht) Es ist verdammt wichtig, leider Gottes! Aber absolut nicht mein Tool! Ich weiß, dass es ein wichtiges Medium ist. Man muss es bedienen, aber macht wahrscheinlich erst dann Spaß, wenn man eben auch eine Crowd hinter sich hat, mit der man dann auch einfach kommunizieren kann, wo man auch Fragen stellen kann: Leute, was beschäftigt euch? Ich hab einen neuen Song, einen neuen Vers geschrieben, was macht das mit euch? Könnt ihr euch damit identifizieren? So was halt, wenn man das Medium nutzt, um wirklich im aktiven Austausch mit den Menschen da draußen zu sein.

Wie begegnet man Frauen im Musikbusiness?

Ich bin schon eine ganze Weile in diesem Game, aber ich bin noch nicht allzu tief eingestiegen, als dass ich jetzt von Touren sprechen kann, dass ich dort den Herren begegne… Aber ich glaube, dass bestimmt Dinge passiert sind, die mir nicht so aufgefallen sind, weil ich mich wahrscheinlich auch schon daran gewöhnt hab, als Frau in dieser Position zu sein. Was schwierig ist. Aber was ich tatsächlich festgestellt habe, dass ich doch sehr ambitioniert bin und echt auf die Tube drücke und wirklich Gas gebe. Vielleicht auch mal ein bisschen stresse. Neben mancher Anerkennung wird es gleichzeitig als negativ bewertet, also als anstrengend – die anstrengende, stressige Dame, die sich mal ein bisschen zurückhalten soll. Und das finde ich schwierig. Wenn ich ein Mann wäre, würde man sagen wow, ambitioniert der Typ, super cool, damit arbeiten wir jetzt, mal gucken was wir da noch so abschöpfen können. Und da stoße ich leider auf gegenteiliges Verhalten. Und das ist schwierig. Statt zu sagen wow, da möchte sich jemand den Arsch aufreißen, geil! Wir gehen damit und pushen das! Sonst kann ich nicht besonders viel dazu sagen, weil ich bisher nicht so intensiv in dieser Maschinerie gewesen bin. Aber wer weiß, was da noch auf mich zukommt, wenn es jetzt wirklich mal losgeht. Sachen, die mir durchaus begegnet sind: Oooch, mach mal langsam hier Mädchen, wir machen das schon! Ich habe ja echt so einige Musik-Videos produziert und hab auch dahingehend einfach Gas gegeben, um auch etwas vorlegen zu können. Auch um mich einfach kreativ darstellen zu können und auch um mich zu finden. Ich kreiere auch einfach gerne. Und tatsächlich war der Focus doch eher nicht auf der Gestaltung, kein super, Du hast hier alleine ein Musik-Video produziert und auf die Beine gestellt, Hammer, hast auch vor der Kamera gut performt, sondern es wurde eher gesagt hübsches Mädchen, siehst gut aus. Das ist es eher, was im Focus steht. Dass man darüber brilliert, diese eigentlich Arbeit dahinter, für die ich auch wertgeschätzt werden möchte und was für mich auch diesen Kunstaspekt hat und worüber ich mich halt auch ausdrücke, der kommt zu kurz und erfährt wenig Wertschätzung.

Woran liegt das, glaubst Du? Will man es Dir nicht zutrauen?

Ja, vielleicht traut man es einem nicht zu … Eine Bekannte sagte mal, hinter der Schönheit, einer Frau, sieht man nicht die Wahrheit. Also worum es ihr wirklich geht, will nicht erkannt werden. Oder man sieht nicht die eigentliche Emotion, die Intention oder die eigentliche Thematik, die einem wichtig ist und die man eigentlich nach außen bringen möchte. Dass die flöten geht. Und, ja, vielleicht vermutet man das auch nicht, dass auch frau durchaus in der Lage ist, Dinge selbst in die Hand zu nehmen und das männliche Wesen dafür nicht braucht. Boah, schwierig!

Vielleicht stellst du aber auch durch Deine Größe, Präsens und Eigenständigkeit eine Bedrohung für die Männer aus der Musikindustrie dar? Die kann singen, schreibt ihre eigenen Text und produziert auch noch Videos …

Ja, wahrscheinlich besteht die Angst aus Label-Sicht, selbst etwas beitragen zu können, einen Stempel aufdrücken zu können. Die hat ihre eigenen Visionen und Ideen, die ist wohl schwer steuerbar …

Würdest du dich als schwer steuerbar beschreiben?

Überhaupt nicht! Ich höre mir alles an, denke darüber nach und nehme das auch gerne an und bau das auch liebend gerne ein. Klar, ich hab meine Grenzen und schau, wie ich damit arbeiten kann. Aber ich bin immer dafür, die Zusammenarbeit zu fördern, das finde ich ja geil, wenn Menschen zusammenkommen und sich kreativ austauschen können. Man befruchtet sich ja immer gegenseitig, das finde ich gut! Es ist dieser gegenseitige Austausch, dieses Pingpong!

Danke Annama

Styling: Daniel Blechman Hair+Make-Up: Kristina Heinisch

Video+Schnitt: Oskar Nehry

2.Kamera: Antonio Mayer

Art Direction: Jo4 Studio

Photograph: Stephan Ziehen

Danke an Henrike Heick und Tronje Thole van Ellen

Und der Stadt Elmshorn für die freundliche Unterstützung