VINTAGE – Kerstin Geffert

Kerstin ist Mitinhaberin und Mitbegründerin der PR-Agentur Silk Relations. Die Aufteilung bei Silk völlig klar: Silke, die andere Partnerin, macht alles, wo man easy auf dem Bürgersteig steht und Bier trinkt, und Kerstin macht alles, wo es Champagner gibt. Mit dieser Aufteilung ist Kerstin total zufrieden!
Die gebürtige Mindenerin zeigt ihre Liebe zur Mode in den letzten Jahren insbesondere auf Instagram: https://www.instagram.com/kerstingeffert/

Für uns holte sie einige ihrer Lieblingsteile aus dem Kleiderschrank und erzählt ihre Geschichten dazu.

Grüner Mantel von Jean-Paul Gaultier gekauft ca. 1994 in Paris bei „Le mouton à cinq pattes“, Kunstleder Stay-Ups von Erika Cavallini, Plateau Clogs von Zara, Leder-Matrosenkappe von Acne Studios

1994, nachdem ich meinen Texterinnen-Job in der Werbeagentur aufgegeben hatte und nicht so richtig wusste, was ich jetzt als Nächstes machen will, hab’ ich gedacht: „Ich mag doch Paris so gerne. Ich mach’ jetzt mal schön einen Sommerkurs an der Sorbonne und frische meine Sprachkenntnisse auf.“ Ich hatte das große Glück, dass ich via eine Bekannte meine Einzimmerwohnung im Wedding gegen eine Einzimmerwohnung in Paris, direkt an der Bastille, tauschen konnte. Sie liebte es total im Wedding. Ich liebte es total in Paris. Das war wirklich so eine „Emily in Paris“-Wohnung. Ganz oben, super schräge Fenster, ein „chambre de bonne“ (Dienstbotenkammer) – einfach toll!
Aus meinen ursprünglich geplanten sechs Wochen wurden hinterher drei Monate. In Paris habe ich ein Ladenkonzept entdeckt, das ich bis dato überhaupt gar nicht kannte, aus Berlin nicht und auch aus Minden nicht. Es hieß „Le mouton à cinq pattes“. Das war ein Secondhandladen, wo B-Ware und Laufsteg-Teile von Designern verkauft wurden. So was war mir völlig fremd und plötzlich rückten so echte Designer-Sachen, wie auch dieser Jean-Paul Gaultier Mantel, in die Nähe meines Budgets als gerade mal 23-Jährige. Ich bin dann jeden Tag nach meinem Sorbonne-Kurs in diesen Laden getapert – es gab mehrere – aber den in St. Germain fand ich am besten. Der Laden war vollgestopft mit den tollsten Labels zu erschwinglichen Preisen und ich war so: OH MY GOD!!!
Es war wirklich eine Offenbarung! Ich hatte damals Besuch von einer deutschen Freundin, einer Illustratorin. Ich kam von meinem letzten Beutezug zurück in mein „chambre de bonne“ mit diesem Ding und war so außer mir: MERLE, MERLE! ICH HAB EINEN ECHTEN GAULTIER GEKAUFT FÜR 300,- MARK!!!
ES IST DER ECHTE GAULTIER, NICHT JUNIOR GAULTIER!!! Und das habe Ich mindestens zehn Mal zu ihr gesagt, weil ich so aus dem Häuschen war, dass ich den jetzt besitze. Sie hat dann damals eine Zeichnung von mir gemacht, die ich nochmal suchen muss, dann zeige ich sie euch. Sie fand das einfach so witzig, hatte mit Mode nicht so viel am Hut und hat mich dann gezeichnet in dem Mantel, den ich mit Springerstiefeln von Dr. Martens kombiniert habe, die ich den ganzen Sommer in Paris getragen habe und alle wahrscheinlich dachten: „Was ist denn mit der los bei der Hitze.“ In der Zeit hat sich meine Liebe zur Mode nochmal mehr manifestiert, diese Begeisterung, – wie toll das ist und wie fantastisch!

Gucci Pumps ca. 1998 gekauft in Berlin im Gucci Store, Lederschal no name von Kiliwatch in Paris

Damals hatten wir eine kleine Textagentur namens Artgenossen, und ich habe mich mit unserem Telefonisten Andree Volkmann – er ist mittlerweile ein sehr angesehener Illustrator – modisch immer hochgeschaukelt. Als dann die Gucci Kampagne von Tom Ford rauskam, fanden wir alles,  was er gemacht hat so sexy und hot: I NEED THAT!
Das Geld saß leider immer noch nicht so locker und wir haben uns dann verabredet,  zwei Monate krass zu sparen, um dann mal in diese Gucci Boutique zu gehen. Ich frag mich die ganze Zeit, wo der Laden damals war??
Auf jeden Fall sind wir dann an dem Tag dort hin. Ich wollte die Pumps und Andree hat sich eine Handtasche gekauft. Ich kann mich an das Kauferlebnis gar nicht mehr erinnern, ich weiß nur, dass wir total gethrilled waren und vorher wahrscheinlich keinen Champagner, sondern ein Glas Sekt getrunken haben, um es so richtig zu feiern, dass wir da jetzt hingehen. Und dann haben wir den Kauf getätigt, und ich habe die Schuhe am Anfang gar nicht angezogen, weil die mir so wertvoll waren, dass ich Angst hatte, dass etwas damit passiert, dass ich irgendwo hängen bleibe oder so. Ich weiß noch, dass Andree das Geschenkband,  mit dem die Kartons zu gemacht wurden, als Armband getragen hat oder als schmales Halsband. Es war das absolute Highlight für uns damals.
Andree habe ich letztens getroffen, und er hat die Tasche auch immer noch.

Sakko Martin Margiela ca. 2008 (gekauft bei Vestaire Collective) und Handschuhe Dries van Noten, irgendwo im Sale gekauft

Ich liebe Sakkos generell, aber dieses finde ich auch noch besonders praktisch, weil man es sowohl ärmellos, als auch mit Ärmeln anziehen kann. Die Handschuhe trage ich ehrlicherweise fast gar nicht, fand aber, dass sie den Look komplett gemacht haben.

Photograph: Stephan Ziehen

Hair+Make-Up: Astrid Scheppan@Liga Nord

Talent: Kerstin Geffert